
Die Basler Synagoge an der Leimenstrasse
Zur Geschichte der Juden in Basel
Die Anfänge der Geschichte der Juden in Basel liegen im Dunkeln.
Ein 2002 in der Römerstadt Augusta Raurica neben Basel gefundener
Ring, der auf das 2. Jahrhundert datiert wurde und der einen
siebenarmigen Leuchter zeigt, scheint darauf hinzudeuten, dass es
schon in der Spätantike in der Region Basel Juden gab. Eine
jüdische Gemeinde lässt sich für die 1220er Jahre belegen.
Aus
dieser Zeit stammen einige der 1928 bei Bauarbeiten zum
Kollegiengebäude der Universität entdeckten Grabsteine. Dass es in
Basel schon vor dem 12. Jahrhundert eine jüdische Ansiedlung
gegeben haben muss, zeigt der älteste gefundene Grabstein von
1104. Insgesamt lassen sich im 13. Jahrhundert eine Synagoge und
19 jüdische Wohnhäuser nachweisen. Der erste jüdische Friedhof
Basels ist 1264 erstmals schriftlich belegt. Die meisten Basler
Juden waren im Kreditgeschäft tätig. Im Gefolge des Erstarkens der
Zünfte wurden die Juden im Verlaufe des Hochmittelalters überall
aus Handwerk und Fernhandel verdrängt. Landbesitz war ihnen
ohnehin untersagt und damit auch die Betätigung in der
Landwirtschaft.
Zu Außenseitern gestempelt, blieb den Juden nur der Geldhandel offen. Dabei spielten sie aber in der Entwicklung der
Städte oft eine wichtige Rolle. In Basel z.B. finanzierten sie
1225 den Bau der Mittleren Rheinbrücke. Die erste Gemeinde fand
1349 in den Verfolgungen im Gefolge der Pest ein schreckliches
Ende. Am 16. Januar 1349 wurden die meisten erwachsenen Juden auf
einer Insel im Rhein verbrannt. Die Kinder wurden zwangsgetauft
und oft in Klöster gesteckt. Jüdischer Besitz wurde geplündert,
die Steine des Friedhofs zweckentfremdet. 1434 und noch 1661 wird
berichtet, dass die Mauern der Stadt aus jüdischen Grabsteinen
gebaut seien.
Nach der Vernichtung der ersten jüdischen Gemeinde
schwor die Stadt, 200 Jahre lang keine Juden zuzulassen. Doch
bereits nach dem verheerenden Erdbeben von 1356 waren Juden als
Geldgeber für den Wiederaufbau wieder willkommen. 1362 findet sich
eine zweite Gemeinde. Diese Gemeinde war zwar immer kleiner als
die erste, verfügte aber über eine Synagoge und einen Friedhof.
Auffallend ist der hohe Anteil an Ärzten. Als im Jahre 1398 die
Drohung einer neuerlichen Verfolgung im Räume steht, verlassen die
Juden Basel fluchtartig. Sie zogen sich in die Dörfer des Bistums
Basel in den heutigen Kantonen Baselland und Solothurn und im
Elsass zurück. Der Friedhof der zweiten
Gemeinde war auch nach 1398 im Gebrauch und scheint erst Mitte des
16. Jahrhunderts vom erst kürzlich wiederentdeckten Friedhof in
Zwingen abgelöst worden zu sein. Dieser wurde dann ab 1673 durch
den heute noch benutzten Friedhof von Hegenheim ersetzt.
Von 1398
bis 1805 hat es in Basel keine jüdische Gemeinde mehr gegeben, war
Juden der Aufenthalt verboten. Von dieser Verordnung waren einzig hochqualifizierte Spezialisten wie Ärzte, Setzer und Korrektoren
ausgenommen, welche befristete Aufenthaltsgenehmigungen erhielten.
Letztere halfen mit, aus Basel ein wichtiges Zentrum hebräischen
Buckdrucks zu machen. So druckte zum Beispiel Johannes Froben von
1578 -1580 eine der maßgeblichen Ausgaben des Babylonischen
Talmuds. 1789 flohen 708 Juden vor antijüdischen Ausschreitungen,
zu denen es im Gefolge der Französischen Revolution im Elsass kam,
ins damals bloß 15.000 Einwohner umfassende Basel. Unter dem
Druck des revolutionären Frankreich, das die Schweiz vom 1798 bis
1815 kontrollierte, wurde 1798 den Juden französischer
Staatsangehörigkeit offiziell die Niederlassung in Basel
gestattet. 1805 befanden sich bereits 17 Familien mit 111 Personen
in der Stadt, ein Betsaal wurde eingerichtet, und ein Vorbeter und
ein Schächter wurden angestellt. Das Jahr 1805 gilt denn auch als das Gründungsjahr der
heutigen Israelitischen Gemeinde Basel (IGB).
Nach Napoleons
Niederlage von 1815 verschlechtert sich auch die Lage der Juden in
Basel. Es werden keine neuen Aufenthaltsbewilligungen erteilt.
Zählte man 1815 noch 35 Familien in Basel, sind es 1847 noch ganze
elf. Erst nach 1849 ging es unter dem Einfluss der liberalen
Bewegung im neuen Schweizerischen Bundesstaat trotz fortwährender
rechtlicher Benachteiligung aufwärts. 1860 lebten 172 Juden in
Basel, 1870 waren es 503, 1888 1.'086 Personen, 1910 schließlich
2.440 Juden. Nachdem 1858 der Basler Rat einem amerikanischen
Juden die Niederlassung verweigert hatte, erhöhte sich der
internationale Druck, den Juden die volle Gleichberechtigung zu
geben. Schließlich erhielten die Schweizer Juden 1866 die
Niederlassungsfreiheit und die rechtliche Gleichstellung, 1874 die
Glaubensfreiheit, 1879 das volle Bürgerrecht.
1868 hatten die
damals in Basel ansässigen 40 Familien den Bau einer neuen
Synagoge an der Leimenstrasse beschlossen, nachdem die seit 1841
gebrauchte Synagoge am Heuberg zu klein geworden war. Die von
Hermann Gauss im neobyzantinischen Stil gebaute Synagoge ist denn
auch ein einzigartiges Dokument des Glaubens an an die Zukunft. Bereits 1888 -1892 musste die Synagoge auf
700 Plätze vergrößert werden. Eine zweite Kuppel wurde
hinzugefügt. 1902 schließlich erhielt die Gemeinde einen eigenen
Friedhof. Kamen die Zugewanderten bis anhin vor allem aus dem
Elsass, so gelangten zwischen 1881 und dem Ersten Weltkrieg viele
Juden aus Osteuropa nach Basel. Für etwa 20.000 blieb Basel bloß
Durchreisestation. Viele trugen aber auch zum rapiden Wachstum der
Gemeinde bei. Zu dieser Zeit kam es vor allem auch in Kleinbasel
zur Bildung zahlreicher Gebetsstuben und Minjanim, in denen nach
ostjüdischem Ritus gebetet wurde.
War Basel bisher vom Hegenheimer
Rabbiner Moise Nordmann betreut worden, wurde 1885 mit Rabbiner
Dr. Arthur Cohn der erste vollamtliche Rabbiner nach Basel
berufen. Er trug während seiner vierzigjährigen Amtszeit viel zur
Konsolidierung der IGB bei. 1926 wurde Dr. Arthur Weil als
Rabbiner gewählt, der die Gemeinde durch die Wirren der Bildung
einer Austrittsgemeinde, als sich im Jahre 1927 die Israelitische
Religionsgemeinschaft (IRG) formierte, hindurch führte. Sein
Nachfolger wurde der unvergessene Rabbiner Leo Adler, der sich für
den Ausbau des Jüdischen Erziehungswesens in Basel einsetzte und
unter dessen Einfluss 1961 die später nach ihm benannte Jüdische Primarschule gegründet wurde. Von 1979 bis
2003 wirkte Rabbiner Dr. Israel Meir Levinger als vierter Rabbiner
der Einheitsgemeinde der IGB. Zu seinem Nachfolger wählte die IGB
den aus Antwerpen stammenden und in New York tätigen Arieh Folger.
Er trat sein Amt als 5. Rabbiner der IGB im März 2003 an.
Geprägt
wurde Basel seit 1897 durch die Zionistenkongresse. Die insgesamt
zehn Kongresse, die bis 1946 durchgeführt wurden, brachten einige
der bedeutendsten Jüdischen Persönlichkeiten nach Basel. Seit 1938
kamen vermehrt jüdische Flüchtlinge nach Basel. Und obwohl Basel
unter einer sozialdemokratisch geführten Regierung "humaner war
als Bern" und man immer wieder auch auf Solidarität seitens der
Bevölkerung zählen konnte, kam es auch an der Basler Grenze zu
Tragödien. Die Flüchtlinge wurden zum Teil von der Gemeinde
betreut, wurden zeitweise aber auch im sogenannten Sommercasino
und in den Arbeitslagern der Umgebung interniert. Wenn es nach dem
Krieg auch einigen Emigranten gelang, in Basel zu bleiben, so
mussten doch nach 1945 die meisten Basel wieder verlassen, so dass
die jüdische Wohnbevölkerung, die 1941 fast 3.000 Personen
umfasste, zurückging. Bedingt durch die Auswanderung und
Überalterung sinkt seither die Zahl der Juden in Basel
kontinuierlich. Sie dürfte heute (2003) noch etwa 1.800 Personen
betragen, darunter 1,273 IGB-Gemeindemitglieder gegenüber 1.758 im
Jahre 1988. Trotz dieses fortlaufenden Schrumpfungsprozesses
präsentiert sich die IGB als voll funktionsfähige
Einheitsgemeinde, die seit der Anerkennung als
öffentlich-rechtliche Körperschaft auch voll in das öffentliche
Leben des Stadtkantons eingebettet ist.
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Geschichte des Basler Synagogenchors
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