Kantorin Avitall Gerstetter beschert
Jüdischer Gemeinde "unvergesslichen Abend":
Würdevoll und virtuos
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Weiden. (apz) "Das ist ein unvergesslicher Abend für
uns", dankte die zweite Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Irina
Plischuk, mit Blumen der Interpretin aus Berlin: Die erste und einzige
jüdische Kantorin Deutschlands, die "Chasanit" Avitall Gerstetter, hatte
die Mitglieder der Gemeinde und deren Gäste in der gut besuchten
Synagoge mit liturgischen hebräischen Gesängen, jiddischen Liedern und
Klezmer restlos fasziniert. Am E-Piano konzertant von Stefan Paul
begleitet, war das Konzert vom Zentralrat der Juden in Deutschland
unterstützt worden.
Avitall Gerstetter fühlte sich von der "traumhaft schönen Synagoge"
Weidens inspiriert. Die zierliche und anmutige Persönlichkeit mit der
Kipa auf der wallenden blonden Haarmähne, gebürtige Berlinerin aus
traditionellem jüdischen Elternhaus, besitzt eine umwerfend intensive
und energiegeladene Stimme, mit einer Breite vom tiefen Baritonregister
bis hinauf zur viergestrichenen Oktave.
Selbstbewusst eröffnet sie ihr Weidener Konzert mit einem Anruf Gottes
"Eli, Eli", wie er andächtiger und gefühlvoller nicht sein kann. Aus der
Wochentagsliturgie folgt mit "V'li Yerushalayim" ein sehnsüchtiger Gruß
an Jerusalem und mit fanfarenartigen Rufen das "At-Tira", ein
ermutigendes "Fürchte dich nicht!" Melancholie und Ernst werden durch
die angenehm dunkle kolorierte Sopranlage der Sängerin stets würdig
transportiert, erreichen ihren emotionalen Höhepunkt beim Lied, das
Verfolgung und Heimatlosigkeit thematisiert, "Vi ahin zol ikh geyn?"
Großen Eindruck und atemlose Stile herrscht in der Synagoge auch bei
"Jerushalayim shel zahav" ("Jerusalem aus Gold") , das Avitall
Gerstetter erstmals bei ihrer Bat Mizwa als 13-Jährige vor einer
Gemeinde sang. Aber auch Freude, Lebenslust und Charme versprüht Avitall
Gerstetter, bei Klezmer ("Yid'l mit'n Fid'l") und Liebesliedern wie
"Glik", dem Hochzeitswalzer "A Chasene Walz" und dem "Ikh vil es hern
nokhamol fun dir".
Die 33-Jährige, Kantorin an der großen Berliner Synagoge in der
Oranienburger Straße und im Berliner Hüttenweg, gilt als würdige
Nachfolgerin des legendären Berliner Oberkantors Estrongo Nachama.
Avitall Gerstetter studierte nach dem Abitur in Jerusalem an einer
Jeschiwa (einem jüdischen Religionslehrhaus), setzte ihre Ausbildung an
der Technischen Universität Berlin in den Fächern Gesang, Klavier,
Klarinette und Tanz fort und absolvierte ein spezielles
Kantoren-Fernstudium in den Vereinigten Staaten. International trat die
Sängerin in England, Italien und den USA auf.
Drei großzügige Zugaben ließen das begeisterte Weidener Publikum dann bei
"Tum Balalaika" auch herzhaft mitsingen. Den zum Abschied geäußerten
Wunsch der Kantorin - "Ich hoffe, wir sehen uns einmal wieder" - nahm
Irina Plischuk geschickt auf: Da die Weidener Rabbinerin Gesa Ederberg
ab und zu mit der Kantorin in Berlin zusammenwirkt, wäre doch von Zeit
zu Zeit auch eine religiöse Feier mit Avitall Gerstetter denkbar - und
damit eine große Bereicherung des Gemeindelebens.
Anpfiff
am 12. Juni:
Muslimisch-jüdisches Freundschaftsspiel
Zu selten und leider meist in nur kleinen
Veranstaltungen, die von Kirchen organisiert und oft nur von wenigen
Menschen wahrgenommen werden, gibt es die Gelegenheit, mit Leuten
anderer Religionen in Kontakt zu kommen.
Zu viele Menschen lehnen Traditionen, die ihnen persönlich fremd sind, von
vornherein ab.
Avitall Gerstetter:
"Musik ist
transzendental"
Vor sieben Jahren schrieb sie Geschichte: Avitall Gerstetter wurde die
erste deutsche Kantorin, angestellt bei der Jüdischen Gemeinde ihrer
Heimatstadt Berlin. Nun hat die Jüdische Gemeinde sie gekündigt...
hagalil.com 07-06-2005 |